Walter M. Förderer zu seinen Bauten (aus Bächer 1975: Walter M. Förderer. Architecture - Sculpture):
Bauten "sehen aus", ob man dies will oder nicht. Es gibt keine verbindliche Übereinkunft mehr, auf
die
hin das
Aussehen der Bauten auszurichten wäre. Mit einem Bauauftrag übernehme ich als Architekt eine
*angewandte* und
eine "freie" Aufgabe; die "angewandte" umfasst betrieblich-organisatorische und die "freie"
künstlerische
Fragen. Meine Bauten sollen nicht nur banal funktionieren - sie müssen auch optisch-psychischen
Ansprüchen
genügen. In dem Masse, wie mir dies gelingt, werden meine Bauten Architektur. Architektur meint mehr
als
"bloss
Gebautes". Mit ihr sollen sinnliche Erlebnisse möglich werden, die weder aus Dichtung noch von
Malerei
zu
erfahren sind und auch nicht von der Skulptur.
Zwar forme ich an meinen Bauten wie ein Bildhauer an
seiner
Skulptur, aber es bestehen Unterschiede: Als Architekt kann ich nicht so unmittelbar gestalten wie ein
Bildhauer. Allein schon wegen der Grösse meiner Gebilde muss ich meine Vorstellungen über Pläne und
Modelle so
an andere vermitteln, dass diese sie erfassen und ausführen können. Dank der Grösse gewinne ich aber,
was ein
Bildhauer bestenfalls in Ansätzen bieten kann: Innenräume und Begehbarkeit in allen Richtungen - und
damit die
Möglichkeit zu vielfältigen Erlebnisabfolgen. In dem Masse, wie ich solche in meinen Bauten anlege,
entfernen
sich diese von "geplanter" Skulptur und werden Architektur.
Allen bildenden Künsten ist eines gemeinsam: sie
geben psychisch Empfundenes wieder, das nur optisch verwirklicht werden kann - das nicht mit Worten, nur
übers
Auge zu erfassen ist. Und darauf ist es mir bei meinen Bauten seit 1964 vor allem angekommen. Diese
funktionieren so gut wie die vorherigen; das ist selbstverständlich und bedarf keiner besonderen
Erläuterung.
Darum will ich sie einfach so zeigen, als wären sie Skulpturen. Meine Bauten wollen nicht nur benützt,
sondern
auch gesehen werden!